Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hatte als zweite Instanz in einem arbeitsrechtlichen Streit zu entscheiden. Ein Mitarbeiter erklärte nach einer Beschimpfung durch den Geschäftsführer seinen Austritt.

Ein Mitarbeiter (Elektriker mit Meisterprüfung) hat dem Geschäftsführer gegenüber seine Kündigung erklärt. Wenige Stunden später kam es zwischen den beiden zu einer fachlichen Diskussion über die richtige Ausführung einer Arbeit auf einer Baustelle. Plötzlich verwendete der Geschäftsführer Worte wie „Idiot“ oder „deppert“. Daraufhin verließ der
Mitarbeiter (Kläger im Gerichtsverfahren) den Arbeitsplatz und sagte: „Ich habe jetzt genug, ich gehe zum Arzt“. Noch am selben Tag erklärte der Kläger schriftlich, dass das Arbeitsverhältnis fristgerecht und ordentlich zum heutigen Tag gekündigt sei. Im Gerichtsprozess begehrte der Kläger die Beendigungsansprüche für einen berechtigten Austritt.

Das Erstgericht gab dem Kläger nicht Recht, das Berufungsgericht (OLG Wien) hingegen sehr wohl und erachtet den Austritt aufgrund der groben Ehrenbeleidigung als berechtigt. Entscheidend ist nach OLG, ob die Ehrenbeleidigung nach ihrer Art und nach den Umständen, unter welchen sie erfolgt, von einem Menschen mit normalen Ehrgefühl nicht anders
als mit dem Abbruch der Beziehungen beantwortet werden kann. Im vorliegenden Fall verließ der Kläger mit den Worten, er habe jetzt genug, den Arbeitsplatz. Bereits aus dieser Reaktion ist die ehrenverletzende Wirkung der Äußerung des Geschäftsführers abzuleiten.

Categories: Allgemein, März 2020